Dienstag, 27. Oktober 2009

Manuel beim Zahnarzt in Medellín

Zuerst zum Zitat, dieses Mal von Fabian Ernst, Fussballer, um das Niveau ein wenig zu senken:

"Wir haben noch gar nicht angefangen zu spielen, da stands schon 1:0. Das hat doch nichts mit dem Ergebnis zu tun!"

Nun aber zum eigentlichen Eintrag: Wenn ich schon bei einer Zahnärztin lebe, dann muss ich auch davon profitieren. Letzten Dienstag hatte ich jedenfalls einen Termin in der (übrigens sehr schönen) Praxis von Anasol für eine Zahnreinigungs- und Kontrollsession.

Wie immer sein sehr unangenehmes Erlebnis. Dafür habe ich es für die, sagen wir, nächsten 10 Jahre hinter mir...

Montag, 26. Oktober 2009

Santa Fe de Antioquia und Puente de Occidente

Wow... ein neuer Fotohochladerekord... ich hoffe der Eintrag wird nicht zu lang, denn ich will nachher eigentlich noch in die Bibliothek und This is it feat. Michael Jackson sollte auch noch Platz haben.

Dieses Wochenende waren wir in Santa Fe de Antioquia. Santa Fe wurde 1541 durch einen gewissen Jorge Robledo gegründet und ist somit die älteste koloniale Siedlung der Region. Die Stadt war ein wichtiges politisches Zentrum und einst Hauptstadt der Region, bis 1826 Medellín diese Aufgabe übernahm. Laut Lonely Planet ist die Uhr auch etwa in diesem Jahr stehen geblieben, weil sich die Stadt seither nicht mehr weiter entwickelt hat.

Für mich ist die Stadt nicht viel anders als andere Dörfer in Antioquia wie z.B. Jericó. Der Unterschied ist einfach, dass es viel touristischer als diese Orte ist, und dass Santa Fe 500 Meter tiefer liegt, und dadurch viel wärmer ist, als Medellín.

Die Häuser eines klassischen "antioquenischen" Dorfes sind einstöckig, mit weissen Mauern und farbigen Türen und Fenstern, und liegen direkt an der Strasse. Es gibt einen viereckigen Dorfplatz mit Restaurants und Bars, viel lauter Musik, einer Kirche und vielen Leuten, die auf dem Platz rumstehen bzw. -sitzen. Was in Santa Fe de Antioquia noch dazu kam, war, dass es viele arme Leute gibt, welche in die Restaurants kommen und betteln. Auch sonst ist die Armut präsenter als an anderen Orten. Während man in Jericó das Gefühl hat, dass eine behinderte oder arme Person besser dran ist als in Medellín (soziale Strukturen, Sauberkeit, weniger Kriminalität), war die soziale Not in Santa Fe für mich spürbarer.

Trotz Souvenirs Made in China, Armut und Kommerz hat das Dorf ein eigenes Flair. Einige der traditionellen Häuser sind (vor allem innen) die schönsten, die ich hier bis jetzt gesehen habe, und auch die Kirchen sind sehr schön.

Wir kamen am Samstagnachmittag mit dem Auto in Santa Fe an. Zuerst gingen wir auf die Suche nach einem Hotel. The winner is: "Las carnes del Tío" (den Sinn des Namens habe ich bis jetzt noch nicht verstanden).

Die Decken der Häuser in Santa Fe sind wegen der Hitze sehr hoch, und auch sonst war der Raum gross (etwa sechs Betten, eine Küche, dazu eine komfortable Kaltwasserdusche). Anschliessend ging's zum Abend-Sightseeing:

Strasse mit Blick auf die Iglesia de Jesus Nazareno
Das Schwimmbad von Don Roberto...
Iglesia de Jesus Nazareno am Abend
Santa Fe ist ein beliebter Ort für Hochzeiten
Iglesia de Santa Barbara
Fuente auf der Plaza Mayor
Tomando un Refajo: Ein Mix aus Colombiana (ein Softdrink gemacht aus Tamarinde) und Bier. Klingt schrecklich, war aber gut.
Am nächsten Tag fuhren wir zur zweiten Attraktion der Region. Über den Río Cauca, etwa 15 Minuten von Santa Fe entfernt, führt eine der ältesten Hängebrücken Amerikas, der Puente de Occidente. Als die 291 Meter lange Brücke 1895 durch den Ingenieur Jose Maria Villa fertig gestellt wurde, glaubten die Anwohner anscheinend nicht, dass es sicher ist, den Fluss auf diese Weise zu überqueren. Der Ingenieur füllte die Brücke darauf mit Kühen, um zu beweisen, dass sie hält und konnte somit die Leute überzeugen. Ein sehr beeindruckendes Bauwerk.

Bis 1978 war die Brücke offen für den allgemeinen Verkehr. Heute dürfen nur noch Autos den Río Cauca über die Brücke überqueren. Endlich hat Anasol ihre einge Kamera mitgenommen!
Ich musste ziemlich lang überlegen, an was mich die Türmchen erinnern. Lange dacht ich an "Lord of the Rings"... nun weiss ich, dass es ein Comic von "Suske en Wiske" ist.
Auf der Brücke
Der Verkäufer meinte zuerst ich sei ein Argentinier und fragte ob ich ein Fan der Boca Juniors sei. Als ich dann sagte, ich sei Schweizer, kam er mit Tony Rominger... Radsport ist sehr populär in Kolumbien.
Blick von oben auf die Puente de Occidente
Nachfahrinnen der Kühe von Jose Maria?
Ängstliche Pferde...
Río Cauca
Bequem?
Neben amerikanischen Autos dominiert Renault den kolumbianischen Markt. Oft bleibt man auf einer kurvenreichen Strasse hinter einem viel gebrauchten Renault 9 kleben. Es gibt wohl kein Land, in dem mehr Twingos rumfahren. Hier als Beispiel ein Renault 4...
Zurück in Santa Fe setzten wir unseren Stadtrundgang vom Abend vorher fort. In der Iglesia de Santa Barbara waren die Statuen der Heiligen wie Schaufensterpuppen in echte Kleider gehüllt.

Jesus really was in a bad condition... der Künstler verpasste seinen zwei Jesusstatuen ziemlich viele blaue Flecken...
Jemand fand es notwendig, eine Inschrift aus dem 19. Jahrhundert an die heutige Rechtschreibung anzupassen.
Grupo Alcoholicos Anónimos
Gutes Model, aber teuer
Sehr kleine Hydranten... Immer schön auf die Schienbeine aufpassen.
Ein Tourist lernt Spanisch... Auf dem Tisch ein Jugo de Fresa und ein Jugo de Lulo.
Der Brunnen bei Tag
Aus Tradition wird auf dem Markt Tamarindo gekauft.
Etwas was auffällt ist die grosse Anzahl Spielhallen
Jemand kam mal auf die Idee, indische Rikschas zu importieren: Ein voller Erfolg!
Schöne koloniale Strässchen
Unser Hotel
Chauffeur für die Heimreise

Donnerstag, 22. Oktober 2009

Metrocable - Medellín bei Nacht

Medellín liegt in einem Tal, dem Valle Aburrá. Entlang dem Río Medellin wurde Mitte der 90er Jahre die Metro von Medellín eingeweiht. Um auch die auf den Hügeln gelegenen Barrios an das Netz anzuschliessen, wurden in den letzten 10 Jahren zwei Luftseilbahnen gebaut, die sehr rege genutzt werden... Gestern Abend, als Anasol und ich einen Abendausflug mit der Metrocable machten, hatte es jedenfalls sehr viele Leute, die mit der Metro und der Luftseilbahn von der Arbeit heimfuhren.

Der Blick von der Endstation aus auf die Stadt ist beeindruckend
Blick runter ins Tal von Medellín
Am Telefon
Metro de Medellín - La Aurora
Als wir dann wieder zurück fuhren passierte etwas Komisches: Wir wollten eigentlich in eine eigene Gondel einsteigen, um ein paar Fotos von der Kabine aus zu machen. Die Einweiserin befahl uns aber, zu zwei Mädchen in die Gondel zu sitzen. Als wir dann in der Mittelstation die Gondel wechseln wollten, wurde der Metropolizist (in jeder Metrostation steht einer) wütend und befahl uns, in die Gondel zurück zu kehren.

Anscheinend ist es für einen Mann und eine Frau unmöglich, alleine in eine Gondel zu sitzen. Kann mir wirklich vorstellen, dass sie einige Probleme mit Sex in der Gondel haben, denn die Kolumbianer haben nicht viele Orte, wo sie hingehen können. Bei der nächsten Station war der Polizist anscheinend schon vorgewarnt: Kaum sah er unsere Gondel, schloss er die Türe der Kabine vor uns und auch die der nächsten... so dass wir ja nicht auf dumme Gedanken kommen konnten.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Universidad EAFIT Medellín

Nun, da ich eigentlich schon nicht mehr an der Universidad EAFIT studiere, habe ich es endlich mal geschafft, meine Kamera mit in die Uni zu nehmen und ein paar Fotos zu machen. Natürlich kam auch sofort ein Vigilante (die allgegenwärtigen Securitas-Männer die hier vor jedem Haus stehen - wäre mal interessant zu wissen, wie gross der Prozentsatz der Kolumbianer ist, welcher für die Sicherheit des Restes der Bevölkerung zuständig ist) und wollte wissen, was ich denn genau fotografiere. Ich konnte ihn dann aber überzeugen, dass ich keine bösen Absichten habe.
Hier also einige Eindrücke...

Die Kantine... verschiedene Restaurants, die alle das genau gleiche Essen anbieten...
Eines der Gebäude
Die sehr schöne Bibliothek Das Centro de Idiomas: Eines der am wenigsten modernen Gebäude der ganzen Universität. Mein Klassenzimmer war gleich rechts oben an der Treppe auf dem Foto.
Der Eingang zur Uni... ohne Ausweis kommt man nur schwierig rein
Ausserdem noch die zwei wichtigsten Transportmittel (neben der Metro): Am Anfang ging ich immer mit dem Taxi in die Uni, jetzt fahre ich meistens mit dem Bus. Die Busse sind normalerweise sauber, immer billig und fahren immer halsbrecherisch. Das grösste Problem ist jedoch herauszufinden, welcher Bus wohin fährt. Die Leute auf der Strasse zu fragen bringt jedenfalls nicht viel, die kennen meistens nur ihre eigene Strecke.

Montag, 19. Oktober 2009

Raclette, Sancocho und Machos: Guatapé und Medellín

Nach einer Woche ist endlich wieder genug passiert, um mich um einen Blogeintrag zu kümmern.

Übrigens: Auf der Suche nach einem speziellen Kinoerlebnis? District 9 aus Südafrika ist eine Mischung zwischen Independent Movie, Dokumentation, Science Fiction und Horrorfilm... ziemlich verwirrend und man fragt sich am Schluss, ob man das, was man gerade gesehen hat, gut findet oder nicht. Definitiv ein zukünftiger Klassiker.

Kapitel I - Raclette

Nachdem ich schon in einem Restaurant mit dem Namen "Fondues and Crepes" (keine Ahnung wie man auf diese Kombination kommt) ein ziemlich gummiges Fondue gegessen habe, war diese Woche Raclette an der Reihe... etwas fader Käse, aber definitiv besser als das Fondue.

Es gibt hier übrigens eine ziemlich grosse Firma mit Namen Alpina (ziemlich krasse Website... bitte nicht mit einem 56K Modem öffnen), die 1945 durch zwei Schweizer gegründet wurde und Milchprodukte herstellt. Vielleicht hätten wir besser Alpinakäse genommen...
Kapitel II - Wieder mal Guatapé

Wieder einmal Guatapé. Dieses Mal aber mit der ganzen Familie. Familie heisst hier: Einige Tanten von Anasol und deren Cousins und Cousinen... was ja in der Schweiz meistens Unbekannte sind und nichts mit "Familie" zu tun haben. Die Ausrede sich in der Wochenendfinca Tante von Anasol zu Treffen war die Natillera.

Zu Essen gab es Sancocho. Dies ist grundsätzlich eine Suppe, in welcher ziemlich viel Fleisch (und Knochen), Mais, Yucca und noch anderes Zeug rumschwimmt. Man isst die Suppe zusammen mit Avocado und Arepa (das ist ein Maisbrot, das die Paisas die ganze Zeit essen). Wirklich fein... und natürlich deftig.

Sonst haben wir den Sonntag mit ziemlich viel Wasserskifahren (meine Versuche mit einem Ski sind leider missglückt) und Schwimmen verbracht. Als "Cousin" von Roger Federer in einer Familie voller Federerfans wurde ich sowieso sofort akzeptiert, auch wenn sie etwas irritiert waren als sie meine "Nadal"-Badehosen sahen.

Auf der Terrasse der Finca Die Ursache von ziemlich viel Muskelkater
Mit Paco in Schwimmweste
Der Sancochotopf...
... ein begehrtes Objekt
Der Stausee von Guatapé, an genau diesem Punkt war ursprünglich ein Dorf, El Peñol, das nun überflutet ist.
Cpt. Miguel
Schlange stehen für die besten Stücke
Die Aussicht von der Terrasse. Im Hintergrund sieht man (wen man das Foto vergrössert und gut schaut) La Piedra, den Felsen, auf dem ich am ersten Wochenende war.
Ein Schweizer isst Avocado... unglaublich

Kapitel III - Machismo

Letzte Woche hat mir EAFIT mitgeteilt, dass mein Kurs nicht mehr durchgeführt wird. Nach zwei Tagen Suche habe ich nun einen Privatlehrer, Daniel Rodriguez, der mir pro Tag zwei Stunden Spanisch gibt.

Daniel ist ein Paisa mit argentinisch-kroatischen Wurzeln, der in Argentinien eine Filmschule besucht hat und nun in Medellín Spanisch und Englisch unterrichtet und nebenbei einige kulturelle Sachen macht. Bis jetzt waren die Stunden ziemlich gut und natürlich intensiv. Am Lehrer liegt's jedenfalls nicht, dass der Schüler mit ein wenig mehr Disziplin seine Aufgaben machen sollte.

In unserer ersten Stunde in seiner Küche, gab Daniel mir einen sehr guten Artikel, der 2006 in einer kolumbianischen Zeitschrift (Semana) erschienen ist: El enigma de ser colombiano.

In diesem Artikel (der übrigens sehr zu empfehlen ist) geht es um die Resultate des World Value Survey. Dies ist eine Studie, welche den Wechsel von kulturellen und anderen Werten international vergleicht (wirklich ziemlich spannend... zum Beispiel sollte man sich die Grafik zur "Inglehart-Welzel Cultural Map of the World" einmal anschauen). In Kolumbien ist der World Value Survey ziemlich berühmt, weil es in 2006 zum wiederholten Mal die Statistik der glücklichsten Länder der Welt anführte - trotz Krieg, Armut und allen anderen Problemen.

Der Artikel von Semana endet mit der Schlussfolgerung, dass der Kolumbianer grundsätzlich ein widersprüchliches Wesen ist. Für mich persönlich am auffälligsten ist diese Widersprüchlichkeit, wenn es um Sexualität geht. Auf der einen Seite ist das hier ein riesiges Tabu, auf der anderen Seite dreht sich hier alles um dieses Thema.

Wenn man zum Beispiel in einer Bar ist, dann kommt es öfter vor, dass sich zwei erwachsene Personen aufs wildeste abknutschen (Sex ist oft nicht mehr weit entfernt), wie es in der Schweiz höchstens Teenies im Kino machen. Das krasse ist, dass auch die Sofas in der Bibliothek dafür gebraucht werden... und die (anscheinend) die Büsche auf dem Cerro El Volador... und die Bänke im Parque de los Deseos, auf denen man in der Nacht eigentlich die Sterne beobachten sollte. Und dies alles nur, weil die Männer keine Möglichkeit haben, ihre Freundinnen nach Hause zu nehmen (umgekehrt ja schon gar nicht!).

Na ja, es gäbe noch viel darüber zu schreiben. Um mir aber nicht die Finger zu verbrennen, zitiere ich wohl am besten die (ziemlich kontroverse) Machismo Theorie von Daniel: Laut Daniel hat der durchschnittliche kolumbianische Macho eine Frau (in der "Grafik" wäre dies das obere Pärchen), welche die Mutter seiner Kinder ist und die Seele seines Haushalts. Diese Frau ist heilig und der Sex sauber und langweilig. "Meine Frau macht dies und jenes sicher nicht! Sie ist ja die Mutter meiner Kinder..."

Dies bedeutet aber, dass ein Macho eine zweite Frau für richtigen Sex braucht... das volle Programm. It so happens to be, dass diese Frau normalerweise auch wieder mit einen Mann verheiratet ist, mit dem sie langweiligen Ehesex hat. Auch dieser Mann ist auf der Suche nach einer zweiten Frau... und der Kreis schliesst sich.

Mit diesen paar Worten, ist das Thema natürlich noch lange nicht abgeschlossen (es gäbe noch die Silikonmanie, dicke Frauen in engen Kleidern, die Pornofilme, die am Eingang der Kirche im Parque Berrío - die Leute kommen direkt von der Messe - verkauft werden, etc pp.).