Dienstag, 20. Juli 2010

Silber und Salz - Teil I - Potosí

Zuerst eine kleine Klammer: Die Bolivianer haben das Konzept der Hintergrundmusik deutlich noch nicht ganz verstanden. Ich sitze gerade in einem theoretisch gemütlichen Kaffee und es dröhnt ziemlich ungemütliche Rockmusik aus den Lautsprechern (mittlerweile hat die Musik auf Techno gewechselt)... in meinem Hostel, wenn nicht gerade "Dr. Dick" oder "Fritz Love my Tits" läuft, muss man sich 10 Mal pro Tag Mariah Carey, Alphaville, DJ Bobo oder Madonna auf Spanisch anhören... und das alles in schrecklicher MP3 Qualität. Da kann man gleich froh sein, dass dort normalerweise kein TV nebenan läuft, was nähmlich in den meisten Restaurants der Fall ist und was zu einer schrecklichen Kakophonie führt.

Für diese Kakophonie sorgt hier im Kaffee eine Gringa, die schrecklich laut schmatzt und sich einen Artikel über "Best places for the rich and single" anschaut... bei ihren Tischgewohnheiten muss sie sich jedenfalls nicht wundern, wenn sie reich aber trotzdem noch single ist.

Mittlerweile läuft schon zum dritten Mal "Flaca" von Andrés Calamaro... Eigentlich ein gutes Lied, aber man kann es auch übertreiben. Klammer geschlossen.

Wir kamen mit dem Bus von Sucre ohne Probleme in Potosí an, eine Stadt reich an Geschichte und noch reicher an: Silber! Der lokale Einwohner Diego Huallpa fand dieses Edelmetall nämlich in 1544 am Cerro Rico. Die Spanier hörten davon und schon bald war Potosí eine der grössten Städte der Welt, afrikanische und indianische Sklaven wurden in die Minen (und den sicheren Tod) geschickt, und die spanische Krone überlebte Jahrhunderte nur wegen des Silbers aus der ergiebigsten Mine der Welt.

Doch der Reichtum sollte nicht für immer währen. Je weniger Silber gefunden wurde, desto kleiner wurde auch die Stadt. Von den mehr als 200'000 Einwohnern im 17. Jahrhundert, lebten Mitte des 19. Jahrhunderts nur noch 10'000 in der Stadt.

Noch immer arbeiten Leute in den Minen des Cerro Rico - und das bei nicht sehr viel besseren Arbeitsbedingungen als vor 400 Jahren. Ein Minenarbeiter überlebt durchschnittlich 15 Jahre.

Wir gingen mit Greengo Tours, gehört einem ehemaligen Minenarbeiter, in die Mine "27 de Marzo". Ein beeindruckendes Erlebnis. Und die Agentur ist sehr zu empfehlen.

Hier unser Guide Jesus zeigt wie man Dynamit gebraucht.Dynamit im Gürtel
Auf dem Mercado de Mineros. Coca...
Hier werden die verschiedenen Substanzen getrennt... und die Chemikalien fliessen ungefiltert in den Boden.
Der Cerro Rico. Man sagt hier, dass man mit all dem Silber eine Brücke nach Spanien hätte bauen können, und mit den Skeletten der Toten eine Brücke zurück. Eigentlich ein Wunder, dass der Hügel noch steht.
Potosí liegt auf über 4000 Metern und gilt als die höchste Stadt der Welt. Dies soll der höchste Fussballplatz der Welt sein, mit Kunstrasen aus Deutschland.
Die Mine. Die Flecken sind aus dem Blut von einem Lama, das hier geopfert wurde.
Die Mineure. Vor dass sie mit der Arbeit beginnen, wird 96 prozentiger Alkohol getrunken und Coca konsumiert, um die Strapazen auszuhalten. Der Junge rechts ist 14 Jahre alt.
Jesus bewacht den Eingang zur Mine...
...doch die Mine und die Unterwelt selbst gehören voll und ganz dem "Tío", dem Teufel. Gott hat hier unten nichts zu suchen.
Mit Schaufeln und von Hand holen die Mineure in Teams von sechs Personen die Steine aus dem Berg. In Schichten von 12 bis 24 Stunden.
Heiss, staubig, feucht. Nicht gerade optimale Umgebung, um Fotos zu machen... geschweige denn, um zu arbeiten.
Beim Eingang der Mine. Kopf einziehen!
Der Eingang
Am Nachmittag gings ins Casa Nacional de Moneda. In Potosí stand die erste Münzpresserei Südamerikas. In 1753 wurde dieses Gebäude gebaut, welches bis 1953 in Funktion blieb. Ein Franzose hat im 19. Jahrhundert den Kopf des Bacchus über dem Eingang befestigt... wieso ist nicht so ganz klar.
Leider hatten wir nicht so viel Zeit, die Stadt, immerhin Weltkulturerbe, zu besichtigen. Ausserdem wird es abends einfach unglaublich kalt. Zum Glück hatten wir in unserem Hostel, Koala Den, Heizung... und ein super Zmorge.

Die Calle Quijarro
Eine der über 80 Kirchen Potosís
Leider gilt dies nicht in untouristischen Zonen...
Der Bus von Potosí nach Uyuni... im Nachhinein ist es erstaunlich, wie oft der Transport zwischen zwei Orten tatsächlich klappte.
Auch die Landschaft war spektakulär... jedoch nichts zu dem was noch folgen sollte.
(und es läuft wieder einmal "Flaca", dieses Mal in einer Reggae Version)
Da der nächste Teil sehr lang ist, legen wir hier schon eine Pause ein. Mein einem Klick geht's hier weiter zu Teil II: Dem Salar de Uyuni!

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