Mittwoch, 1. Dezember 2010

Zu viele Kirchen in Minas Gerais

Was für ein Klimawechsel! Vom Grossstadtwahnsinn São Paulos in die unglaublich pittoresken Dörfer von Minas Gerais. Und gleich der erste Halt war Ouro Preto (portugiesisch für schwarzes Gold), wahrscheinlich einer der schönsten Orte in Südamerika. Hier die Aussicht von meinem Hostel aus, Albergue de Juventude Brumas.
Abstecher ins kleinere aber nicht minder schöne Dorf Mariana. Die Praça Minas Gerais.
Die Basílica de São dos Clérigos oberhalb des Dorfes
Ein wenig zu Geschichte von Minas Gerais habe ich ja schon in meinem vorletzten Eintrag geschrieben. So viel zur Wiederholung für jene, die alles schon wieder (unglaublich!) vergessen haben: Ende des 16. Jahrhunderts wird in Minas Gold entdeckt und schon bald bricht ein Goldboom los. Während mehreren Jahrzehnten floriert die Region, Gold wird geschürft, Diamanten werden gefunden, Sklaven werden geschunden, Dörfer gegründet, Gleise verlegt und der grösste Barockmeister der neuen Welt treibt sein Unwesen. Doch plötzlich war das Gold weg und die ganze Region fällt in einen Dornröschenschlaf, der die Dörfer bis heute so erhält wie sie vor 200 Jahren waren. Ausser den störenden Autos, die überall herumstehen (und manchmal - noch schlimmer - fahren).
Weihnachtskrippe
Justitia mit Vogelnest in der Krone
VW
Ouro Preto war eines der Zentren des Goldrausches und ist eines der schönsten Dörfer, die ich in Südamerika gesehen habe, zusammen mit Villa de Leyva und Barichara in Kolumbien. Durch das plötzliche Ende des Rausches gibt es im ganzen Ort fast kein einziges modernes Gebäude.
Dabei ist der Ort ziemlich gross und hat viel zu viele Kirchen. Jeder Distrikt hat eine Hauptkirche (die Matriz) und mehrere Nebenkirchen.
Die Igreja Stanta Efgênia dos Pretos auf dem Hügel wurde durch die Sklaven erbaut
Das Zentrum der Stadt rund um die Praça Tiradentes
Wuffi
Nest im Tuch
Trotz UNESCO-Segen und reichlich Geld aus den Staatskassen: Für jede einzelne der Kirchen muss man Eintritt bezahlen. Bei der Igreja NS do Charmo hatte ich das "Glück", dass gerade eine Beerdigung stattfinden sollte und die Kirche darum offen war.
Igreja SF de Paula bei meinem Hostel
Bach
Schuld an all den schönen Gebäuden ist vor allem das Krüppelchen Aleijadinho. Dieser Baumeister und Bildhauer war einer der wichtigsten Architekten des kolonialen Südamerikas und hat in Minas Gerais unzählige Kirchen entworfen und gebaut. Mehr zu Antônio Francisco Lisboa gibts in diesem Eintrag.

Die Igreja NS do Rosário
Matriz NS do Pilar
Aleijadinhos Meisterwerk in Ouro Preto: Igreja de São Francisco de Assis
Schrein
Die Matriz de NS da Conceiçao de Antônio Dias wurde durch Aleijadinhos Vater gebaut. Hier ist Aleijadinho begraben. Die Sicht vom Hostel aus an meinem letzten Abend in Ouro Preto
Die Brasilianer, und vor allem die Einwohner von Minas Gerais, sind völlig verrückt nach Pão de queijo (links), ausgesprochen "Paotschikeischu"... daneben eine Coxinha de Galinha. Mein Standard Almoço. Der nächste Halt war São João del Rei, eine der Städte in Minas Gerais, die nach dem Goldrausch nicht dem Kater erlagen und einen neuen Lebenssinn fanden. Die Stadt ist darum einiges moderner und weniger penetrant gut erhalten wie die anderen Städtlein in der Region. Aber auch hier gibt es wieder unglaublich schöne koloniale Architektur und Kirchen, wie die Igreja São Francisco de Assis.
Und auch wenn man auch hier wieder Eintritt bezahlen muss, darf man sogar Fotos machen. Es hat jedenfalls niemand etwas gesagt.
Barockkitsch vom Feinsten

Politiker Tancredo Neves wurde in São João del Rei geboren und war der erste gewählte Präsident nach der Diktatur... nur dass er sein Amt nie antreten konnte, weil er kurz vorher starb.
Die Igreja de NS do Carmo
Was für ein schöner Name. Fröhlichen Einkauf!
Nach dem Abstecher ins 21. Jahrhundert ging es wieder in ein in Watte gelegtes Schmuckstück des 18. Jahrhunderts: Tiradentes.
Das Dorf, früher hiess es frei übersetzt "Kaff auf dem Hügel", wurde später nach dem brasilianischen Nationalhelden Tiradentes benannt. Dieser hiess eigentlich Joaquim José da Silva Xavier und wurde in einem Bauernhof in der Nähe geboren. Er war Zahnarzt und erhielt darum auch seine Spitznamen "Zahnzieher".

Aleijadinhos Igreja Matriz de Santo Antônio
Ich versuche mich in der brasilianischen Nationalgeste: Daumen hoch! Tudo bem!
Der Chafariz de São José
Das Wasser für den Brunnen wird von einer Quelle im Urwald ins Dorf geleitet. War erstaunlich, wie schnell man im dickesten Dickicht war.
Neues T-Shirt... leider schon in den ewigen Jagdgründen begraben.
Verlassene Strassen in Tiradentes
Mein einziger Zeuge: Ein Käfer in der Rua Direita.
Hat zwar keine Leute in den Strassen... aber das Abwasser stinkt trotzdem...
Auch MC Martinho kriegt die Daumen hoch
Tankstellenfalter auf dem Weg nach Rio
Wenn sich für etwas der Abstecher ins teure Brasilien gelohnt hat, dann ist es für Minas Gerais.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen