Samstag, 6. November 2010

Fröhliches Missionieren in Posadas und Paraguay

Im "Decalogo del Cuentista" schreibt Horacio Quiroga (zu ihm später mehr), dass die ersten drei Sätze einer Geschichte mindestens so wichtig seien, wie die letzten drei. Einen Vorsatz, den ich nun leider schon wieder missachten muss.

Zur Sache. In Posadas sollten mir gute und schlechte Sachen passieren. Es fing schon mal semi-schlecht an: Das Hostel war voll und wir mussten im schrecklichen Residencial Missiones übernachten. Inklusive Skorpion im Bad der Zimmernachbarn.

Nicht viel besser gehts dieser 30-stöckigen Fehlinvestition gleich neben unserem sehr gemütlichen Hostal Vuela el Pez, in das wir nach der ersten Nacht eincheckten. Sehr laid back, eine Seltenheit bei argentinischen Hostels.
Von Posadas gings über den Río Paraná nach Paraguay, um die jesuitischen Missionen zu besuchen. Bei den Ruinen von Trinidad trafen wir die inoffizielle paraguayische Landesmeisterin im Schwanzwedeln.
Ein bisschen Geschichte zu den Jesuiten: Im Zuge der Kolonialisierung kamen auch Jesuiten nach Südamerika. Deren Hauptinteresse war es, die Urwaldvölker des Kontinents vom Heidentum zu befreien. Im 17. Jahrhundert errichteten die Jesuiten auf dem Gebiet von Argentinien, Paraguay und Brasilien 30 Missionen, eigentlich kleine Städte, mitten im Dschungel. Rasen sorgt in diesem Teil der Erde für einge Arbeitsplätze.
Die Reducción von Trinidad ist die am besten erhaltene Ruine. War wirklich ein unglaubliches Erlebnis.
Die Vögel hier sind ziemlich agressiv. Sie attackierten mich jedenfalls die ganze Zeit, wenn ich wieder einmal komisch auf dem Rasen herumlag, um Fotos zu machen.
Die Blumen
Reisekollegin Sylvia (Schottland)
Die jesuitischen Missionen lebten fast völlig abgschlossen von der kolonialen Gesellschaft. Sie lebten mit den Guaraní zusammen, welche sie bekehrten und ausbildeten. Sonst durften die Guaraní viele ihrer Traditionen behalten. Die Jesuiten lernten ausserdem die Sprache der Guaraní, die Hauptsprache in den Missionen, und beschützten sie vor den Bandeirantes, welche den Urwald auf der Suche nach Gold und Sklaven durchkämmten.

Die Ruinen Trinidads vom Turm aus, mehrere tausend Guaraní lebten hier mit den Jesuiten zusammen.
Unscharf und schlecht... aber das einzige Foto von uns zusammen.
In dieser utopischen Gesellschaft wurden von den Guaraní einige der prunkvollsten Kunstwerke und Gebäude dieser Zeit erschaffen, mitten im Dschungel.
WC-Dach
Es war heiss
Die Macht der Missionen, sie schlugen zum Beispiel 1641 in Mbororó eine Armee von 3000 Bandeirantes, wurde den Kolonialmächten jedoch zu gross. 100'000 Guaraní lebten in den Missionen in Paraguay, Argentinien und Brasilien. Im Jahr 1767 beendete König Carlos III die Utopie der Missionen und verbannte die Jesuiten von seinen Territorien. Die Missionen gingen bald zu Grunde und wurden vergessen.
Grabstein
Es war nur schon ein mystisches Erlebnis, völlig alleine durch diese ehemalige Stadt zu laufen. Doch der Effekt, danach die Kirche von Trinidad zu betreten ist nur schwer zu beschreiben.
Es war wie in Villa de Leyva: Man glaubt gar nicht, dass das Erlebnis noch irgendwie besser werden kann und dann hauts einem "völlig us de Socke".
Dieser Ort zählt zu den Top 10 Momenten meiner Reise 
Dazu kommt, dass man mit beim Überqueren der Grenze nach Paraguay eine völlig andere Welt betritt... Es ist nicht einfach, dort zu reisen, aber die Leute waren wirklich sehr hilfsbereit.
Im Bus zu den zweiten Ruinen: Jesús de Tavarangüe.
Ein Wunder, dass das Teil noch fährt
Weniger beeindruckend als Trinidad, aber besser restauriert.


Die Häuser der Guaraní
Unser Bus. Bei jeder Linkskurve ging die Türe auf... ausserdem hatte es Löcher im Boden.
Die Brücke über den Río Paraná von Encarnación nach Posadas vom überfüllten Bus aus.
Posadas
Die Brücke und Paraguay von Posadas aus
Die Costanera
Dieser Tag war wirklich beinahe perfekt. Was für ein geniales Erlebnis... doch...
Als ich zurück ins Hostel kam musste ich mit Schrecken feststellen, dass mir jemand meinen Rucksack aufgeschnitten und mein Netbook gestohlen hatte.

Der Verdächtige ist nicht der Gärtner, sondern ein etwa 45-jähriger Argentinier mit dem "Namen" Juan Carlos. Leider hatte er seinen Pass nicht dabei, weil seine Freunde nach Iguazú weitergereist seien und er lieber in Posadas bleiben wollte.

Juan Carlos war zwei Tage im Hostel. Am Tag, als er meinen Rucksack zerstörte und mein Netbook klaute, hat er sein Bett im Dormitorium gewechselt und seine Sachen im Zimmer umhergeschoben. Später sah jemand, dass mein Laptopkabel weg war. Diese Person ging dann aber weg, schloss ihrem Laptop in ein Schliessfach und ging in die Stadt. Juan Carlos wurde dann später von einem Freund in einem Auto abgeholt und liess "seine Sachen" im Hostel... und die beiden Laptops waren weg.

Am nächsten Morgen mussten wir dann feststellen, dass die Sachen, die er im Hostel liess, alle mehr oder weniger wertlos und sehr wahrscheinlich auch gestohlen waren. Die Flipflops waren jedenfalls zu gross und die Kleider ebenfalls.

In seinem Schliessfach fanden wir die leere Tasche seiner Kamera, wahrscheinlich auch gestohlen. Interessant war auch, dass er am ersten Abend super interessiert an meiner Kamera war... die war dann aber leider mit mir in Paraguay, wo ich einen der besten Tage meiner Reise verbrachte.

Dies ist also die Geschichte.

Boca Juniors Ventilator beim Schuhmacher, der meinen Rucksack flickte.
Marmor
Nach Warten auf den Rucksack, Besuch bei der Polizei (Abschied: "Chao Papá, nos vemos") und einer fatalen Ausgangsnacht mit Ottis Freunden von seinem Austauschsjahr in Posadas, gings mit dem Bus nach San Ignacio Miní. Wanderung von meinem Adventure Hostel (zu gross, für meinen Geschmack) zum Haus von Horacio Quiroga. Gefühlte 45 Grad, im Schatten. Mit Flaute. Quiroga war ein Schriftsteller, der in Uruguay geboren wurde und sich, nachdem er als Fotograf zu den Missionen von San Iganacio die Region entdeckte, im Dorf niederliess.
Hier die Replika seines Hauses. Idyllisch.
Hier sein Leitfaden für Autoren... nützlich für meine Zukunft als Schriftsteller.
Auch die Ruinen von San Ignacio de Miní sind Weltkulturerbe. Jedoch viel weniger beeindruckend als Trinidad in Paraguay.
Die Stadtstruktur ist zwar noch ziemlich gut erhalten, aber von den Ornamenten ist leider nicht mehr viel zu sehen.
Tor zu dem Werkstätten
Sünnele
Auch hier attackieren die Vögel... diesmal bin nicht ich das Opfer.
So sahs mal aus
Jeden Abend gibts eine Lichtshow in den Ruinen. Die Geschichte ist kitschig, die Effekte sind der Hammer, die Tour leider eher stressig. Die Wohnungen der Guaraní
Da ja die ersten drei Sätze schon voll den Bach ab gingen, kommt es auf die letzten drei auch nicht mehr an. Die Struktur ist ja mit dem riesigen Polizeiroman in der Mitte sowieso schon im Eimer. Dann ging's nach Iguazú.

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