Montag, 19. Oktober 2009

Raclette, Sancocho und Machos: Guatapé und Medellín

Nach einer Woche ist endlich wieder genug passiert, um mich um einen Blogeintrag zu kümmern.

Übrigens: Auf der Suche nach einem speziellen Kinoerlebnis? District 9 aus Südafrika ist eine Mischung zwischen Independent Movie, Dokumentation, Science Fiction und Horrorfilm... ziemlich verwirrend und man fragt sich am Schluss, ob man das, was man gerade gesehen hat, gut findet oder nicht. Definitiv ein zukünftiger Klassiker.

Kapitel I - Raclette

Nachdem ich schon in einem Restaurant mit dem Namen "Fondues and Crepes" (keine Ahnung wie man auf diese Kombination kommt) ein ziemlich gummiges Fondue gegessen habe, war diese Woche Raclette an der Reihe... etwas fader Käse, aber definitiv besser als das Fondue.

Es gibt hier übrigens eine ziemlich grosse Firma mit Namen Alpina (ziemlich krasse Website... bitte nicht mit einem 56K Modem öffnen), die 1945 durch zwei Schweizer gegründet wurde und Milchprodukte herstellt. Vielleicht hätten wir besser Alpinakäse genommen...
Kapitel II - Wieder mal Guatapé

Wieder einmal Guatapé. Dieses Mal aber mit der ganzen Familie. Familie heisst hier: Einige Tanten von Anasol und deren Cousins und Cousinen... was ja in der Schweiz meistens Unbekannte sind und nichts mit "Familie" zu tun haben. Die Ausrede sich in der Wochenendfinca Tante von Anasol zu Treffen war die Natillera.

Zu Essen gab es Sancocho. Dies ist grundsätzlich eine Suppe, in welcher ziemlich viel Fleisch (und Knochen), Mais, Yucca und noch anderes Zeug rumschwimmt. Man isst die Suppe zusammen mit Avocado und Arepa (das ist ein Maisbrot, das die Paisas die ganze Zeit essen). Wirklich fein... und natürlich deftig.

Sonst haben wir den Sonntag mit ziemlich viel Wasserskifahren (meine Versuche mit einem Ski sind leider missglückt) und Schwimmen verbracht. Als "Cousin" von Roger Federer in einer Familie voller Federerfans wurde ich sowieso sofort akzeptiert, auch wenn sie etwas irritiert waren als sie meine "Nadal"-Badehosen sahen.

Auf der Terrasse der Finca Die Ursache von ziemlich viel Muskelkater
Mit Paco in Schwimmweste
Der Sancochotopf...
... ein begehrtes Objekt
Der Stausee von Guatapé, an genau diesem Punkt war ursprünglich ein Dorf, El Peñol, das nun überflutet ist.
Cpt. Miguel
Schlange stehen für die besten Stücke
Die Aussicht von der Terrasse. Im Hintergrund sieht man (wen man das Foto vergrössert und gut schaut) La Piedra, den Felsen, auf dem ich am ersten Wochenende war.
Ein Schweizer isst Avocado... unglaublich

Kapitel III - Machismo

Letzte Woche hat mir EAFIT mitgeteilt, dass mein Kurs nicht mehr durchgeführt wird. Nach zwei Tagen Suche habe ich nun einen Privatlehrer, Daniel Rodriguez, der mir pro Tag zwei Stunden Spanisch gibt.

Daniel ist ein Paisa mit argentinisch-kroatischen Wurzeln, der in Argentinien eine Filmschule besucht hat und nun in Medellín Spanisch und Englisch unterrichtet und nebenbei einige kulturelle Sachen macht. Bis jetzt waren die Stunden ziemlich gut und natürlich intensiv. Am Lehrer liegt's jedenfalls nicht, dass der Schüler mit ein wenig mehr Disziplin seine Aufgaben machen sollte.

In unserer ersten Stunde in seiner Küche, gab Daniel mir einen sehr guten Artikel, der 2006 in einer kolumbianischen Zeitschrift (Semana) erschienen ist: El enigma de ser colombiano.

In diesem Artikel (der übrigens sehr zu empfehlen ist) geht es um die Resultate des World Value Survey. Dies ist eine Studie, welche den Wechsel von kulturellen und anderen Werten international vergleicht (wirklich ziemlich spannend... zum Beispiel sollte man sich die Grafik zur "Inglehart-Welzel Cultural Map of the World" einmal anschauen). In Kolumbien ist der World Value Survey ziemlich berühmt, weil es in 2006 zum wiederholten Mal die Statistik der glücklichsten Länder der Welt anführte - trotz Krieg, Armut und allen anderen Problemen.

Der Artikel von Semana endet mit der Schlussfolgerung, dass der Kolumbianer grundsätzlich ein widersprüchliches Wesen ist. Für mich persönlich am auffälligsten ist diese Widersprüchlichkeit, wenn es um Sexualität geht. Auf der einen Seite ist das hier ein riesiges Tabu, auf der anderen Seite dreht sich hier alles um dieses Thema.

Wenn man zum Beispiel in einer Bar ist, dann kommt es öfter vor, dass sich zwei erwachsene Personen aufs wildeste abknutschen (Sex ist oft nicht mehr weit entfernt), wie es in der Schweiz höchstens Teenies im Kino machen. Das krasse ist, dass auch die Sofas in der Bibliothek dafür gebraucht werden... und die (anscheinend) die Büsche auf dem Cerro El Volador... und die Bänke im Parque de los Deseos, auf denen man in der Nacht eigentlich die Sterne beobachten sollte. Und dies alles nur, weil die Männer keine Möglichkeit haben, ihre Freundinnen nach Hause zu nehmen (umgekehrt ja schon gar nicht!).

Na ja, es gäbe noch viel darüber zu schreiben. Um mir aber nicht die Finger zu verbrennen, zitiere ich wohl am besten die (ziemlich kontroverse) Machismo Theorie von Daniel: Laut Daniel hat der durchschnittliche kolumbianische Macho eine Frau (in der "Grafik" wäre dies das obere Pärchen), welche die Mutter seiner Kinder ist und die Seele seines Haushalts. Diese Frau ist heilig und der Sex sauber und langweilig. "Meine Frau macht dies und jenes sicher nicht! Sie ist ja die Mutter meiner Kinder..."

Dies bedeutet aber, dass ein Macho eine zweite Frau für richtigen Sex braucht... das volle Programm. It so happens to be, dass diese Frau normalerweise auch wieder mit einen Mann verheiratet ist, mit dem sie langweiligen Ehesex hat. Auch dieser Mann ist auf der Suche nach einer zweiten Frau... und der Kreis schliesst sich.

Mit diesen paar Worten, ist das Thema natürlich noch lange nicht abgeschlossen (es gäbe noch die Silikonmanie, dicke Frauen in engen Kleidern, die Pornofilme, die am Eingang der Kirche im Parque Berrío - die Leute kommen direkt von der Messe - verkauft werden, etc pp.).

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen