Samstag, 2. Oktober 2010

Am Ende der Welt: Punta Arenas und Ushuaia

Feuerland, Patagonien, Ushuaia, das Ende der Welt, die südlichste Stadt der Welt!

Das sind noch Namen, die sich gut vermarkten lassen. Hier ist Reisen noch ein Abenteuer! Nach Ushuaia möchte man am liebsten seinen blauäugigen Husky benennen, Patagonien klingt nach grossen Füssen und Feuerland klingt nach Feuer. Man könnte sich also fast freuen, endlich das Ende der Welt erreicht zu haben...

Doch zuerst zum Anfang der Geschichte: Gott schuf die Erde und ich erreichte Punta Arenas in Chile.

Dort wollte ich zwei Dinge machen: Mit der Fähre auf die chilenische Seite Feuerlands, Porvenir, und dann weiter nach Argentinien gehen. Und zweitens, die Pinguinkolonie in der Nähe von Punta Arenas zu besuchen...

Es sollte nicht so kommen: Die Pinguine sind (auch wenns im Lonely Planet anderst steht) noch nicht dort (die sollen sich wenigstens an den Lonely Planet halten!), und es gibt keinen Transport von Porvenir, auf der chilenischen Hälfte Feuerlands, nach Ushuaia.

Doch eigentlich hätte Punta Arenas selbst, als Wollboomstadt, Immigrantenparadies und Schauplatz eines Goldrausches, auch einiges zu bieten. Die bewegte Geschichte der Stadt spiegelt sich im Cementerio Municipal wieder.
Hier liegen die reichen Wollbarone Patagoniens neben armen Immigranten aus Kroatien, Deutschland, Grossbritanien und Schweden... und reichen Immigranten aus den gleichen Ländern.
El Indiecito. Ein Denkmal für die quasi ausgerotteten Selk'nam. Komischerweise wird diese Statue, wie man sieht, als Glücksbringer verehrt... obwohl sie eigentlich niemanden direkt repräsentiert. Jedenfalls hat die Statue schon viel Gutes geleistet mit ihren überirdischen Kräften.
Falls jemand noch auf der Suche nach einem Grab ist, der frühere Besitzer ist verstorben...
Eine Kuriosität des Friedhofs ist, dass es hier so eine Art Firmengräber gibt...
Dies wären dann die reichen Immigranten. Das südliche Patagonien Chiles hat sehr viele kroatische Einwanderer.
Und dies ist das Grab eines der reichsten Schafhirten der Welt: Wollbaron José Menéndez.
Das Palacio Sara Braun zeigt den unglaublichen Reichtum des Wollbooms des 19. Jahrhunderts. Leider waren fast alle Museen und Sehenswürdigkeiten geschlossen... Nebensaison.

Mein Hotel, Hostal Fitz Roy, war jedoch sympatisch. Als ob sie nach dem Tod der Grossmutter einfach ein paar Betten für die Hostelgäste in die Zimmer gestellt hätten. Es roch auch immer noch ein wenig nach "Abuelita".
Ich war jedenfalls nicht allzu traurig, als ich Punta Arenas verlassen musste... vielleicht waren nach den unglaublichen Erlebnissen in Torres del Paine, Perito Moreno und el Chaltén auch die Ansprüche etwas zu hoch. An der Punta Delgada überquert man die Magellanstrasse, eine der wichtigsten Handelsrouten bis zur Eröffnung des Panamakanales in 1914.
Die Fähre
Nach einer langen und anstrengenden Busfahrt kamen wir endlich in Ushuaia an und ich quartierte mich im Hostal Patagonia País ein. Schlechte Matratzen, gute Atmosphäre. Auf der mühsamen Suche nach einem Flug und einer Bank (die haben in Argentinien nur von 10 bis 15 Uhr offen), kam ich am Mundo Yamaná vorbei.
Ein Museum voller Modelle (yippie!) und Erklärungen über die drei Urvölker Feuerlands. Das bemerkenswerteste ist, dass diese Völker praktisch keine Kleider trugen und sich darum die ganze Zeit durch Feuer warmhalten mussten. Sogar in ihren Kanus hatten sie Feuer.

Darwin nannte diese Völker "die tiefste Form der Menschheit der Welt" und dachte, den "missing link" gefunden zu haben. Filme, die vor hundert Jahren aufgenommen wurden, zeigen eindrücklich die unglaublich simplen Mittel, mit welchen die Yamaná gegen die Naturkräfte kämpften.
Dieses hübsche Hündlein ist der Star des Hostels... Hauptbeschäftigungen: Neben der Heizung liegen und essen. Der passende Name: Gordita (eigenlich ja Martina, aber dieser Name wird schon lange nicht mehr gebraucht).
Nach der Krise von 2002 hat sich in Argentinien die Tradition eingeführt, von Touristen mehr Geld als von Argentiniern zu verlangen. Wenn man also keinen argentinischen Pass hat, bezahlt man mehr für Nationalpärke (ist ja noch ziemlich normal), Flüge, Museen, Hotels, Souvenirs und Schokolade(!).

Dies sorgt vor allem in Backpackerkreisen für ziemlich viel negative Publicity. Jedenfalls war es eine riesige Sache, einen Flug zu buchen... schlussendlich war die einzige Option ein Flug, der um ein Uhr morgens in Buenos Aires ankommen sollte.

Auf dem Weg zum Flughafen. Blick zum Parque Nacional Tierra del Fuego.
Strandputzaktion... sehr unsorgfältig und gleich neben der inoffiziellen Abfalldeponie (praktisch, so gleich am Meer).
Die Falklandinseln sind vor allem im Süden Argentiniens immer noch ein riesiges Thema. Es macht fast den Anschein, als wollten sie ihren Anspruch auf die Inseln verstärken, indem sie möglichst viele Strassen, Plätze, Flughäfen nach den "Malvinas Argentinas" benennen.

Ich weiss gar nicht, wieso den Argentiniern ein paar Inseln mit 2000 Briten und einigen Schafen so wichtig sind. Zu einem grossen Teil werden die Argentinier meiner Meinung nach mit der Niederlage gegen Frau Thatcher immer noch nicht fertig... und mit den vielen Soldaten die durch die unnötige und populistische Aktion starben. Dabei wird vergessen, dass die Niederlage etwas sehr Positives brachte: Das Ende der Diktatur.
Die Plaza Malvinas Argentinas
Das meistfotografierte Schild Ushuaias
Feuerland war, wie Australien, eine Strafkolonie. In 1920 wurde das Gefängnis in Ushuaia fertig gestellt.
Das Gefängnis wurde ins Museo Marítimo y Museo del Presidio verwandelt. Natürlich zahlen die Argentinier weniger Eintritt, auch wenn sie im niegelnagelneuen BMW vorfahren.
Das Gefängnis hatte fast 400 Zellen, und irgendwie musste das Museum möglichst viele Zellen füllen. Das Ergebnis ist "n'importe quoi". Eine Pinguinaustellung folgt auf einen Ausstellungsteil über Erdölplattformen (gesponsert durch "Total")... dann wieder über das Gefängnis, Seemannskunst, Fotos von Ushuaia, Bootsmodelle, Pfeile der Yanamá. Alles wild durcheinander gemischt.
Der mit Abstand beste Teil ist aber jener Flügel, den sie so gelassen haben, wie er vor 90 Jahren war. Ganz ohne Heizung, frische Farbe... und ohne Touristen.
Mit Gabriela, einer chilenischen Australianerin, ging ich am Tag darauf in den Parque Nacional Tierra del Fuego. Die Bahía Lapataia.
Die meisten Wege waren leider geschlossen... und die Natur war auch nicht so spektakulär als dass es den Eintrittspreis wert wäre.
Moos
Wir nahmen einen der wenigen offenen Wege: Hito XXIV am Lago Roca entlang
Flechten
Eigentlich wäre sie ja ganz sympatisch... aber es war unmöglich, ein Foto von ihr zu machen. Hier das "picture of shame".
Im letzten Abschnitt des Weges wurde der Weg aber richtig schön.
Das Ende: Die Grenze zu Chile.
Frühling
Klettverschluss
Plage
Um den Tag meines Abfluges zu füllen, beschloss ich, eine Bootstour auf dem Beagle-Kanal zu machen.
Keine Pinguine... "aber die Kormorane sehen ja fast gleich aus," meinte die Reiseleiterin.
Mit in der Tour war ein "Trek" einbegriffen... das heisst: 5 Minuten laufen und dann wieder zurück zum Boot.

Noch mehr Kormorane
Der Kanal
Blick auf Ushuaia
Das Wasser ein Spiegel, der Himmel ein Gemälde
Sobald wir wieder eine Insel mit Seelöwen und Vögel erreichten, stürmten alle von ihren gemütlichen Tischlein nach draussen, um Fotos zu machen.
Paparazzi
Der berühmte Leuchtturm

War wirklich super
Wenn auch ziemlich kalt
Und wieder zurück nach Ushuaia
Bueno. Was soll ich zu Ushuaia und Feuerland sagen. Es ist die südlichste Stadt der Welt, eine mystische Region voller Geschichte und Geschichten. Magellan, Kap Horn, Darwin und die Beagle, Missionare und Schafe... Doch heute spürt man vom "Ende der Welt" nicht mehr so viel.

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